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✔ Erlauben ✘ VerbietenGemeinde: St. Peter am Ottersbach
Wittmannsdorf 14, 8093 Wittmannsdorf
Bauherr: Rudolf Strohmaier
Rudolf Strohmaier hat schon als Kind dort gespielt, und im Sommer, wenn der Ottersbach nur wenig Wasser führte, hieß es auch für ihn: Mühle putzen. Gleich gegenüber ist schon die Mutter aufgewachsen und als das Anwesen vor gut zehn Jahren stückweise verkauft wurde, schlug er zu: 2011 kaufte Rudolf Strohmaier gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Theo Poppmeier die Ottersbachmühle in St. Peter. Sie war so baufällig, dass ein herbeigerufener Sachverständiger von einem Betreten des Gebäudes sicherheitshalber Abstand genommen hatte.
Im Mauerwerk prangten zwei riesige Löcher, das größte hatte einen Durchmesser von acht Metern, und das trotz einer Wandstärke von 1,35 Meter. Die Entscheidung für die Revitalisierung fiel Strohmaier, obwohl selbst Baumeister und somit fachkundig, nicht leicht. Das Zünglein an der Waage war sein Vater, Handwerker aus Leidenschaft, ein bisschen trug zum „Pack’ ma’s an!“ auch Karl Hohl sen. bei. Der mittlerweile verstorbene Handwerker galt als der Mühlenspezialist in Südösterreich. Er, damals schon 83 Jahre alt, fragte Strohmaier, was er mit der Mühle zu tun gedenke. Warum er das wissen wolle, fragte ihn dieser. „In dieser Mühle habe ich das Mühlbautischlerhandwerk gelernt“, sagte Hohl, „und wenn du mich helfen lässt, wird es meine letzte Mühle sein, die ich umbaue.“ So war es dann auch.
2012 wurde gestartet, mit unzähligen Freiwilligen- und etwa 7000 Fachkraft-Stunden, 24 Monate lang, jede Woche von Donnerstag bis Sonntag. Damit die Revitalisierung nicht unter Liebhaberei fiel, entschloss man sich, die Mühle als einen Gastrobetrieb auszurichten. Fachliche Unterstützung bekam Strohmaier vom Bundesdenkmalamt und vom Land Steiermark, und auch wenn der Baumeister in anderen historischen Bauprojekten viel über den Umgang mit alten Baumaterialien lernte, hat die Mühle sein Wissen und seine Einstellung zu vielen Dingen im Leben nochmal erweitert. Unvorstellbar sei jedenfalls die Energie gewesen, die alle freiwilligen Beteiligten in diesen 24 Monaten Bauzeit aufgebracht hätten. „Das würde ich heute nicht mehr schaffen“, betont Strohmaier, der bei dem Projekt Architekt, Statiker, Baumeister in einer Person war. Die Pläne zeichnete er mit der Hand, unter anderem von der benachbarten Mühle, die inem Vorfahren gehört hatte, besorgte er Baumaterial, es kamen nur traditionelle Handwerkstechniken zum Einsatz. Die Fassade besteht aus selbst gelöschtem Kalkputz, der nur ein Fünftel des Industrieproduktes gekostet habe, betont Strohmaier, in den Innenräumen wurde Lehmputz verwendet. In die Fensteröffnungen wurden neue Wiener Stockfenster aus Rotlärche gesetzt, aus Lärche ist auch das Mühlenrad mit fünf Metern Durchmesser, das ursprünglich aus Mariazell stammte, aber so schlecht erhalten war, dass es von den „Bausenioren“ um Strohmaiers Vater und Karl Hohl nachgebaut wurde. Die Mühle ist mit Wandheizung ausgestattet, die Energie liefern vier Wärmepumpen und ein Turbinenlaufrad, die die Wasserkraft des Ottersbachs nutzen. Strohmaiers Ziel ist es, mittelfristig energieautark zu werden. Das Brauchwasser kommt schon jetzt aus dem eigenen Brunnen.
Die erste urkundliche Erwähnung stammt von 1650, die Mühle dürfte aber schon im 15. Jahrhundert in Betrieb gewesen sein – vom Mauerwerk her konnte man das Entstehungsdatum jedenfalls nicht bestimmen -, von 1785 weg kennt man die Namen der Vorbesitzer. Erst bei Grabungsarbeiten habe man erst entdeckt, dass das Wasser für den Mühlenantrieb früher unter dem Gebäude verlaufen sei. Was auf der einen Seite Jahrhunderte überdauerte, hat das moderne Leben in wenigen Jahren „geschafft“: Tausalz hat sehr zum Leidwesen Strohmaiers den Sandstein der Fassade an der Straßenseite um einen Zentimeter schrumpfen lassen.
Die Ottersbachmühle mit seinen vier Etagen ist Gastrobetrieb und Museum zugleich. Die alten Mühleinheiten sind mit Schautafeln beschildert, dadurch wird ein kleines Stück Müllertradition vor dem Vergessenwerden bewahrt. In den oberen Stockwerken ist Platz für Kunsthandwerksausstellungen. Zur Mühle gehören das alte Müllerhaus, in dem heute Mietwohnungen untergebracht sind, und ein Sägewerk. Auch dafür hat Strohmaier Pläne: Sie soll möglichst originalgetreu erhalten Platz für Veranstaltungen, für Kunst und Kultur bieten. Der Baumeister möchte mit seinem Mühlen-Projekt nicht nur ein Stück vergangenes Kulturgut lebendig machen. Für ihn ist die Beschäftigung mit dem Alten immer mehr eine Quelle, über unser modernes Leben nachzudenken – und das zu hinterfragen. Strohmaier: „Es wurde damals schon vieles richtig gemacht.“ •
Fotos: © Marija Kanizaj