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Wiederbeleben… - BM Arch. DI Dietmar Koch

… heißt revitalisieren! (lat. re = zurück, vita = das Leben). Bei einer Revitalisierung wird also ein funktionell „dem Tode nahes“ Gebäude wieder zum Leben geführt. Dies erfolgt mit umfangreichen technischen und funktionellen Anpassungen, oftmals mit dem Zugrunde legen einer gänzlich neuen Nutzung für das ehemalige Gebäude.

 

So werden schon mal aus alten historischen Industrieanlagen attraktive Loftwohnungen, aus Schlössern Wohnschlösser mit integrierten Kindergärten und kommunalen Nutzungen oder aus einem innerstädtischen Bürgerhaus ein Gastronomielokal mit Gewerbewohnungen darüber und Penthousewohnungen im Dach.

Revitalisiert werden also ältere, historisch wertvolle und optisch wunderschöne Bestandsgebäude, meist in besten Stadtlagen und doch am zwischenzeitlichen Ende ihrer Funktionalität angekommen. Die Revitalisierung ermöglicht, zeitgemäße Gebäudeanforderungen wie Wärmeschutz, Barrierefreiheit, Brandschutz, Hygiene etc. umzusetzen und mit neuen Funktionen ein Fundament für eine lange, weitere Nutzungsdauer zu schaffen. Im Gegenzug handelt es sich bei einer Sanierung um eine Gebäudegesundung (lat. sanus = Gesundheit). Diese Gebäude-„Patienten“ erhalten einen Vollwärmeschutz gegen die Erkältung, große Balkone gegen die Depression, neue Sanitäre für die Hygiene, Brandschutzmaßnahmen gegen das Fieber und, wenn geht, Barrierefreiheit für die alten Knochen. So können sie gut und gerne die nächsten 30 - 50 Jahre ohne weitere, umfassende Sanierungen auskommen und hervorragend ihre Dienste erfüllen.

Historische Gebäude und Altstädte sind Zeugen der Baukulturen der vergangenen Jahrhunderte. Sie sind Identifikationsstätten für die Menschen und Zielpunkte für den Tourismus, über Generationen hinaus. Der Umgang mit ihnen erfordert Bewusstsein, geschichtliche und technische Fachkenntnis und ein Handwerk, dass mit den alten Herstellungstechniken vertraut ist. Ihr Wert liegt in ihrer Einzigartigkeit und Nicht-Reproduzierbarkeit sowie ihrer Authentizität. Sie sind geschichtliche Zeitzeugen. Ihr Verlust wäre ein endgültiger. Heute ist es unmöglich, bei uns Städte mit derlei engen, verwinkelten, aber gerade deshalb faszinierenden Gassensystemen zu schaffen. Ansprüche an Belichtung und Mobilität erzeugen einen weitläufigeren, aber auch dementsprechend langweiligeren Städtebau. In diesem Kontrast der Altstadt zur modernen Vorstadt und in der Verdichtung der positiven Reize in der gewachsenen Altstadt liegen auch ihre Besonderheiten.
Durch heutige Gesetze, Verordnungen, Normen, Richtlinien und sonstige Regeln wäre es unmöglich, Gebäude wie damals zu errichten – „form follows paragraph“. Zusätzlich wären die enormen Arbeitsleistungen für die aufwendig gestalteten Fassaden und Innenausbauten mit dem hohen Anteil an Kunsthandwerk unbezahlbar.

Derzeit werden im Wohnbau großdimensionierte, moderne Wohnanlagen mit einer Vielzahl an neuen Wohnungen geschaffen. Diese können die heutigen Wohnanforderungen meist gut erfüllen – große luftige Balkone oder Gartenanteile, ausgedehnte Belichtungsflächen, öffentliche Verkehrsanbindung, Parkplatz in der Tiefgarage oder – schon zeitgemäßer – mit guter Radweganbindung. Dabei entstehen vielfach Anlegerwohnungen, welche zur Vermietung gelangen. Beklagt wird oftmals, dass dabei sehr kleine Wohnungen zur Ausführung gelangen, aber das ist nicht zuletzt förderungsbedingt begründet.

Mieter haben in der Regel ein begrenztes Wohnetat für Miete und Betriebskosten, wobei es nebensächlich ist, ob nun die Miete oder die Betriebskosten dabei höher sind. In den ungedämmten Altbauten sind die Betriebskosten üblicherweise durch die Heizkosten hoch, sodass die Miete reduziert werden muss, damit die Wohnungen noch vermietbar bleiben. Für Gebäudeeigentümer ein Teufelskreis, denn wenn keine Erträge erwirtschaftet werden können, kann auch das Haus nicht gewartet und instandgehalten werden. Mangelnde Investitionen in die Gebäude führen zu immer unattraktiveren Wohnsituationen und letztlich zu Mieterverlust, da es preisgleich bessere Wohnalternativen gibt.

Darin liegt aber auch die Chance, weitgehend leere Altgebäude von Grund auf zu sanieren und so wieder ein gutes Angebot und eine wirtschaftliche Basis für die Immobilien herzustellen. Und das Flair vom Leben im sanierten Altbau ist ein überzeugendes: Gerade die Eigenheiten der alten Bauten mit teilweise hohen Raumhöhen, alten Rahmen-Füllungstüren zu und in den Wohnungen, herrschaftlichen Stiegenhäusern etc. erzeugen ein besonderes Wohnambiente. Wenn dieses mit modernstem Komfort und noch zusätzlich mit ordentlichen Freibereichen zum Hof hin geschaffen werden können, zählen diese Wohnungen in zentralster Lage wohl zum Besten, was Wohnen zu bieten hat.•

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