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Was zählt ist die Qualität - DI Alexander Pongratz

Gebaut wird immer. So beruhigend dieser Satz für die Baubranche auch sein mag – Herausforderungen gibt es zur Genüge, auch ohne Corona. Im Interview spricht Bau-Innungsmeister Alexander Pongratz über Baukultur, die Ausbildung zwischen Handwerkskunst und Digitalisierung und über die zunehmende Attraktivität von Altstädten und Ortskernen.

 

Bauen hat als uralte menschliche Leistung immer auch etwas mit Kultur zu tun. Was zeichnet moderne, zeitgenössische Baukultur aus?
Es geht immer um Qualität! Egal ob Renaissance-Bau oder zeitgenössische Architektur. Die künstlerische Einzigartigkeit zählt, und da bringt jede Epoche ihre Denkmäler hervor, wobei man die Qualität oft erst viel später erkennt. Kultur bedeutet in diesem Zusammenhang aber auch, einen kritischen Blick auf den Umgang mit Ressourcen zu werfen. Und die Frage der Qualität betrifft nicht nur das Gebäude selbst, sondern den gesamten Planungsprozess.

Bauen steht oftmals im Spannungsfeld zwischen urbaner Entwicklung und dem Verlust von freien Flächen. Wie geht die Baubranche mit dem Vorwurf des „Zubetonierens“ um?
Hier wurde in der Vergangenheit tatsächlich zum Teil gedankenlos gehandelt, etwa bei den ganzen Einkaufszentren am Stadtrand. Ob dieses Konzept in Zukunft zielführend sein wird, bezweifle ich.  Wobei man auch sagen muss: Es sind ja nicht die Betriebe der Baubranche, die diese Entwicklungen vorangetrieben haben, sondern die Wünsche der Konsumentinnen und Konsumenten, die günstig einkaufen wollen. Mittlerweile will der Gesetzgeber das aber einschränken und die Versiegelung möglichst gering halten. Wir brauchen aber ein generelles Umdenken, schon allein deshalb, weil die Gebäude, die heute errichtet werden, einen Lebenszyklus von 100 Jahren haben. Da muss man jetzt die richtigen Entscheidungen treffen, um negative Auswirkungen langfristig zu verhindern. Das betrifft aber nicht nur das Einkaufszentrum auf der grünen Wiese, sondern auch die Ballungszentren. Graz hat beispielsweise eine schlechte Grünraumbilanz. Das könnte man dadurch verbessern, indem mehr in die Höhe gebaut wird, was automatisch weniger Versiegelung bedeutet. Auch intensive Begrünungen auf Flachdächern, die noch nicht wirklich sinnvoll genutzt werden, oder Fassadenbegrünungen sind wirkungsvolle Mittel für mehr Grün in der Stadt.

Modernes Wohnen in Ortskernen und Stadtzentren gewinnt an Attraktivität. Was und vor allem wie macht man die Altstadt wieder attraktiv?
Wohnen ist ein Grundbedürfnis und gerade die Altstadt und die Ortskerne sind attraktive Wohnräume, weil die Angebote und die Infrastruktur gut sind. Natürlich erwartet man sich auch dementsprechend attraktive Gebäude mit hellen Räumen, Balkonen oder Terrassen, gepflegten Sanitäranalagen, Schallschutz bei Wänden und Decken und vieles mehr. Hier gibt es großen Sanierungsbedarf und das Land Steiermark hat ja mit dem Konzept der „Umfassenden Sanierung“ bereits vor Jahren ein Instrument entwickelt, um diese Arbeiten in Angriff zu nehmen. Allerdings braucht es dafür mehr Privatinitiativen. In den Gemeinden stehen beispielsweise durch die Zusammenlegungen viele öffentliche Gebäude leer. Sie könnten von Privaten weitergeführt werden, und das müsste auch stärker gefördert werden.
               
Wie steht es um den Nachwuchs im heimischen Baugewerbe?
Berufe am Bau erfreuen sich wachsender Beliebtheit und wir haben auch steigende Zahlen bei den Lehrlingen. Das hat auch damit zu tun, dass sich das Bild der Baulehre und der Bauberufe in den letzten Jahren gewandelt hat. War das öffentliche Image des Maurers früher das eines – salopp gesagt – zementsackschleppenden Ziegelschlichters, so haben wir es heute mit einem hochmodernen Beruf zu tun, der übrigens auch nicht mehr Maurer, sondern Hochbauer heißt. Wir haben die Inhalte der Lehrberufe am Bau angepasst und auf die Höhe der Zeit geführt. Handwerkliche Fähigkeiten verbinden wir dabei mit digitalen Skills: So bekommen etwa alle Lehrlinge ab dem zweiten Lehrjahr ein gratis Tablet, das sie in der Berufsschule und auf der Baustelle verwenden können.

Was erwartet einen jungen Menschen, wenn er sich heute für einen Beruf in der Baubranche entscheidet?
Die steirischen Unternehmen des Baugewerbes bieten ein modernes Umfeld, in dem sich jeder junge Mensch seinen Talenten entsprechend entwickeln kann. Wer am Bau eine Lehre beginnt, für den ist diese Entscheidung oft mehr Berufung als bloß Beruf. Das zeigen uns auch die niedrige Drop-out-Quote sowie die ebenso niedrige Durchfallquote bei den Lehrabschlussprüfungen. Ein Drittel absolviert die LAP ja überhaupt mit Auszeichnung. Und eines darf man auch nicht vergessen: Im Bau wird bereits bei den Lehrlingen überdurchschnittlich gut gezahlt. Eine interessante Arbeit, keine Jobsorgen und beste Bezahlung – viel besser geht’s nicht!

Wie ergänzen sich traditionelle Handwerkskunst und moderne Techniken?
In unserer Ausbildung gibt es beides: traditionelles Handwerk und neue Technologien. Die Handwerkskunst wird auf jeden Fall auch in Zukunft gebraucht, beispielsweise bei der Sanierung von Fassaden oder Gewölbekellern, aber auch bei Arbeiten an Häusern, die unter Denkmalschutz stehen. Also keine Sorge: Die Handwerkskunst stirbt nicht aus und wir bringen den Jungen auch alle diese Techniken bei. Aber eines muss man auch dazusagen: Der richtige Umgang mit modernen Techniken ist auch eine Kunst. Was damit gemeint ist: Altes und Neues stehen nicht im Widerspruch zueinander, sondern sie ergänzen sich. Was am Ende immer zählt, ist die Qualität!

Welche Rolle spielt der Baumeister in der heutigen Zeit?
Die Rolle des Baumeisters kann man gar nicht genug hervorheben! Er ist einer der wenigen Akteure am Bau, der wirklich ein umfassendes Gesamtwissen hat. Je mehr sich die Berufe differenzieren, desto mehr Spezialisten gehen aus den Ausbildungen hervor. Der Baumeister hat jedoch den Überblick über das Ganze. Er ist ein exzellenter Fachmann mit vielen Kompetenzen von der Planung bis zur Bauaufsicht und er ist der zentrale Ansprechpartner für den Bauherrn und als solcher oft auch ein Regulativ. Dass diese vielschichtigen Kompetenzen in einer Person zusammenlaufen, ist einzigartig in Europa!


Wird die Corona-Krise die Branche verändern? Wenn ja, wie?
Was wir jetzt auf jeden Fall sagen können: Das digitale Equipment wird stärker genutzt werden, man muss sich nicht so oft treffen, stattdessen setzt man auch im engeren Umkreis auf Videokonferenzen – das treibt die Digitalisierung voran und schont die Ressourcen. Vieles davon wird die Branche auch in Zukunft beibehalten und das ist gut. Die wirtschaftlichen Auswirkungen werden für die Bauwirtschaft wahrscheinlich nicht so dramatisch werden, weil Wohnen ein Grundbedürfnis ist und weil immer gebaut werden wird. Natürlich betrifft die Krise alle Bauunternehmen, aber das gilt ja ebenso für die gesamte Wirtschaft. •

 

Kontakt für Rückfragen:

WKO Bau Steiermark

Körblergasse 111-113
8010 Graz
Telefon: +43 316 601 487
E-Mail: baugewerbe@wkstmk.at
Web: https://www.stmk.bau.or.at

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