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Die Hüter der alten Werte - Mag. Dr. Christian Brugger

Das Denkmalamt redet bei der Sanierung von unter Denkmalschutz stehenden Objekten zwar mit, es steht den Bauherren dafür mit seiner fachlichen Expertise unterstützend zur Seite. Ein Gespräch mit Mag. Dr. Christian Brugger vom Bundesdenkmalamt.

 

Geht es um die Revitalisierung oder Sanierung eines alten Gebäudes, hat die Aussage „Das Objekt steht unter Denkmalschutz“ mitunter abschreckende Wirkung. Warum ist das so?
Brugger: Das höre ich auch immer wieder. Ich denke, das sind vor allem Stimmen, die noch nicht wirklich mit uns zu tun hatten. Bei Bauherrinnen und -herren mit Gespür für das Historische funktioniert die Zusammenarbeit meist gut. Schwieriger wird es, wenn es nur um ein kostenoptimiertes Investment geht oder etwa darum, alte Kastenstockfenster herauszureißen, weil man meint, dass neue Kunststofffenster bequemer und günstiger seien.

Was macht das baukulturell Wertvolle aus?
Alte Gebäude und historische Stätten, die wir Denkmale nennen, haben mehrere Bedeutungsebenen. Sie können baukünstlerisch oder anderweitig künstlerisch wertvoll sein, wichtige geschichtliche Informationen beinhalten oder wesentliche kulturelle Inhalte transportieren. Diese Werte zeigen sich in einem charakteristischen, oft attraktiven Erscheinungsbild genauso wie im ideellen Wert, den jedes Gebäude für sich hat. Jedes Denkmal erzählt eine Geschichte, deren Inhalte sich in Erscheinungsbild und Materialität zeigen – und das beim einfachen, „unscheinbaren“ Denkmal gleich wie beim prächtigen Schloss. Ich muss also bei jedem Objekt individuell erkennen, worin der Erzählungswert aus der Vergangenheit für die Gegenwart und Zukunft liegt.

Wie stellen Sie das fest?
Grundsätzlich ist das eine intensive wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Denkmal, seiner Geschichte, seiner historischen Funktion und Entwicklung. Dabei leben wir in Europa eine Denkmalpflege, in der der Wert im originalen Material liegt, etwa in der 700 Jahre alten Mauer mit ihrer jahrhundertealten  Geschichte. Sie zeigt sich in der Substanz bzw. Materialität, wir lesen daraus, womit und wie man gebaut hat. Der Putz beispielsweise wurde früher per Hand angeworfen und je nach Epoche an der Oberfläche modelliert, heute kommt er aus der Maschine und wird zügig verrieben.  Oder nehmen Sie die Grazer Dachlandschaft, sie erzählt von Ziegeldächern, die sich im Laufe von Jahrhunderten durch kontinuierliche Wartung zum heutigen Bild entwickelt haben. So versuchen wir heute, bei Reparaturen dieses Bild durch z.B. Mischung von  alten und neuen Ziegeln beizubehalten.

Was passiert, wenn sich der Bauherr den Anweisungen des Bundesdenkmalamtes widersetzt?
Das Denkmalschutzgesetz ist so aufgebaut, dass Veränderungen ohne Bewilligungen verboten sind. Widersetzt sich jemand, müssen wir ihn bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde anzeigen und die Wiederherstellung des vorigen Zustandes einfordern. In der Praxis kontaktieren wir aber die Verantwortlichen vorher und suchen nach einer konsensualen Lösung. Es kommt ja auch vor, dass Mieter solche Arbeiten durchführen lassen, weil sie gar nicht wissen, dass das Objekt unter Denkmalschutz steht. Der Bauherr muss jedenfalls den Umbau so gestalten, dass das dann entstehende Bild in der Lage ist, die Geschichte weiterzutragen.
 
Was hat der Bauherr von der Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt?

Das Team des Bundesdenkmalamtes hat jahrelange Erfahrung im Umgang mit historischen Objekten, es besteht ein großer Wissensfundus, wie man damit umgeht. Denn man darf nicht vergessen, dass das seit 1923 als Behörde existierende Bundesdenkmalamt mit seinen Vorgängerinstitutionen seit 170 Jahren Fachwissen zu Schäden sammelt, die durch falsche Reparaturtechniken entstanden sind. Es geht eben nicht nur um ideelle Werte, die wir verteidigen und erhalten wollen, es geht auch darum, dass sich Interventionen mit dem Bestand vertragen. Nur als ein Beispiel: Bei einem historischen Gebäude, dessen Fassade mit Kalkmörtel hergestellt wurde, werden wir schauen, dass das auch in diese Richtung saniert wird.  Denn erfahrungsgemäß schädigen heute übliche zementhaltige Mörtel wegen ihrer andersartigen bauphysikalischen und chemischen Eigenschaften den historischen Mörtel, der noch darunter liegt oder die Mauerziegel verbindet. Auch wenn der neue Verputzmörtel intakt scheint, ist oft der Kalkmörtelverputz dahinter schon zerbröselt. Wir stehen hier einerseits mit unserem Know-how zur Seite und können die Bauherrschaft bei der Entscheidungsfindung unterstützen, wenn ihr von anderer Stelle Empfehlungen gegeben werden, die vielleicht gar nicht notwendig sind. Nicht immer werden Umbauten von Planern und Planerinnen begleitet, die das richtige Gespür für das Objekt haben. Hier wirken wir oft korrigierend und geben Empfehlungen. Denkmalschutz heißt dabei jedenfalls nicht, eine „Käseglocke“ über das Denkmal zu stülpen, um es museal zu machen. Denkmalschutz heißt, Veränderungen so zu gestalten, dass die wesentlichen Aussagen des Gebäudes erhalten bleiben. Gebäude sind im Laufe ihrer Existenz immer wieder adaptiert worden, je älter, desto mehr Phasen sind vorhanden. Genau das macht beispielsweise die Grazer Altstadt so reizvoll, weil sie immer wieder adaptiert wurde.

Was ist für Sie so ein gelungenes Beispiel für einen solchen Weiterbau?
Auch wenn es ziemlich extrem klingt, aber die neue Universitätsbibliothek der Karl-Franzens-Universität kann man als ein interessantes Weiterbauen am Bestand ansehen. Der Grazer Universitätskomplex stammt aus der Neorenaissance (Ende 19. Jh.), hatte im hinteren Bereich einen eigenen Baukörper mit schönem Lesesaal, der mit einem Glasdach von oben indirekt beleuchtet wurde. In den 1950er-Jahren wurde an der Südseite ein Verbindungselement angesetzt, an der Nordseite kam in den 1970er-Jahren ein Vorbau hinzu, in den 1990er-Jahren hat man an der letzten freien Seite zugebaut. Die Universität brauchte mehr Raum, Thomas Pucher, der als Gewinner aus dem Architektenwettbewerb hervorgegangen ist, hatte die Idee, das Gebäude vertikal, also nach oben, zu erweitern. Es entstand ein markanter massiver Glaskubus, in dem die neuen Studierräume liegen. Im Zuge dessen wurde an der Nordseite der nicht so hochwertige Zubau der 1970er-Jahre entfernt. Geplant war zudem, die historistische Fassade wiederherzustellen, die tatsächlich unter dem Zubau noch in weiten Teilen vorhanden war.

Welche finanzielle Unterstützung können Bauherren vom Denkmalamt erwarten?
Es gibt durchaus die Möglichkeit für Subventionen, die dazu dienen, denkmalfachlich erforderliche Mehraufwände abzufangen oder zumindest zu erleichtern. Sie  werden im Prinzip für Erhaltungsmaßnahmen gegeben, zu denen Restaurierungen genauso gehören wie wissenschaftliche Vorarbeiten. Im Fall Schloss Schwarzenegg (Seite 76-81) waren etwa Leitungen zu stemmen, ein Lift einzubauen, da muss man untersuchen, wie und wo das gelingen kann. Vor einem Umbau steht man meist vor einer „weißen“ Wand, die unter einer der Schichten möglicherweise Wandmalereien bereithält. Um die nicht zu zerstören, muss ich das Gebäude vorher untersuchen, bevor mit den Arbeiten begonnen wird. Aus dem frühen 20. Jahrhundert kennen wir etliche Beispiele, nicht selten im kirchlichen Bereich, wo mangels Wissen durch eine wichtige Szene einer Wandmalerei eine Leitung gestemmt wurde.

Wie hoch sind diese Unterstützungen?
Für die gesamte Steiermark haben wir heuer wahrscheinlich nicht ganz eine Million Euro zur Verfügung, die wir nach Wertigkeit, Dringlichkeit und denkmalpflegerischem Aufwand beurteilen. Es gibt dabei keinen fixen Prozentsatz, wir bemühen uns aber, für jedes Projekt die bestmögliche Unterstützung zu erreichen. •

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