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Was schon vor vielen Jahren angedeutet wurde, zeigt sich nun in der Praxis: Das klassische Einfamilienhaus ist rückläufig. Hohe Baukosten und verschärfte Finanzierungsregeln erschweren vielen Menschen den Traum vom eigenen Haus. Bernd Haintz, WKO-Innungsgeschäftsführer Bauhandwerk, sieht zudem eine neue Generation nachkommen, die über Wohneigentum anders denkt. Zugleich zeigt sich seit der Pandemie ein Trend in Richtung Wohnen im Grünen. Hier erleben die Gemeinden an den Stadträndern einen enormen Zuzug.
Herr Haintz, wo sehen Sie die großen Herausforderungen für die Bauwirtschaft?
Haintz: Wenn wie aktuell der Bau von Mehrgeschoßern stark zurückgeht, müssen zum Zwecke der betrieblichen Auslastung die Aufträge diverser werden bzw. kleinere Arbeiten diesen Ausfall substituieren. Für die Betriebe ist das eine logistische Herausforderung, weil bei kleineren Aufträgen, etwa bei der Badsanierung oder dem Dachgeschoßausbau, der Aufwand im Vergleich zum Deckungsbeitrag wesentlich höher ist. Dann wird die Digitalisierung der Branche einen Schub verleihen. Es zeigt sich, z. B. im Holzbau, wie effizient die Digitalisierung eingesetzt werden kann. Kürzlich wurde in diesem Ausbildungsberuf ein viertes Lehrjahr angehängt, weil die Ausbildung mit CAD oder CNC um so viel breiter wurde. Die ganze Vorfertigung läuft computergestützt.
Gibt es für den klassischen Bau auch schon solche Lösungen?
Der Grad der Vorfertigung ist auch hier gestiegen, jedoch bei Weitem nicht dort, wo wir aktuell im Holzbau sind. Und klar ist der kleine Handwerksbetrieb mit dem Thema sehr gefordert. Doch beim Holzbau ist durch den hohen Vorfertigungsgrad selbst ein kleinerer Betrieb bereits jetzt in der Lage, einen Mehrgeschoßer zu errichten, weil die Elemente gebrauchsfertig geliefert werden können. Vielleicht erhält ein Dachdecker in Zukunft große Dachelemente geliefert wie im Fertigteilbau. Fakt ist: Arbeit selbst wird teurer, Arbeitskräfte stehen immer weniger zur Verfügung, hier wird sich einiges tun müssen. In wenigen Jahren sind die Babyboomer weg. Würden Betriebe mehr Mitarbeiter beschäftigen können, hätten sie auch mehr Umsatz. Arbeit wäre da.
Worauf wird es in Hinkunft ankommen müssen, um Mitarbeiter zu finden?
Auch kleine Betriebe werden sich mit Employer Branding auseinandersetzen. Wir haben dazu unterstützende Programme. Ein wichtiger Punkt werden auch die Schnittstellen, eine gute Arbeitsvorbereitung und Arbeitsausführung sein. Mitarbeitern muss klar und einfach kommuniziert werden, wie sie ihre Arbeit verrichten sollen, sie müssen auch vermitteln können, was sie brauchen, um gut arbeiten zu können. Nur so kann Produktivität gesteigert werden, nur so können weniger Mitarbeiter das Bestmögliche herausholen. Es wird dazu ein aktiveres Vorgehen am Ausbildungssektor erforderlich sein. Besser identifiziert und verbunden werden müssen die gesamten Schnittstellen, das würde der gesamten Branche zuträglich sein. Wir haben hier einen großen Plan: Einmalig im deutschen Sprachraum wollen wir eine Schulungsplattform installieren, in der alle, die mit dem Thema Holz zu tun haben, involviert sind. Sowohl der Zimmermeister, der Tischler, aber auch der Steinmetz, der in der Küche die Steinplatte montiert, oder der Trockenbauer, der im Dachgeschoß die Gipskartonplatten anbringt, der Elektriker, Planer, Bauphysiker – alle Beteiligten finden auf der Plattform das Know-how, das sie brauchen. Damit seine Studierenden den Holzbau von Grund auf lernen, schickt etwa Prof. Schickhofer von der TU Graz seine Studierenden in die Berufsschule nach Murau, wo diese handwerklich eingebunden werden.
Ist es denkbar, dass sich künftig Handwerker an den Schulen nach Personal umsehen, wie es große Betriebe bereits praktizieren?
Das wird vermutlich im großen Stil nicht funktionieren, weil der Chef dann ja im Betrieb fehlt. In diesem Zusammenhang ist wichtig zu erwähnen, dass sich bei jungen Menschen einiges geändert hat. Für sie ist nicht mehr die Bezahlung am wichtigsten, sie wünschen sich ein gutes Betriebsklima und wollen sich im Unternehmen wohlfühlen. Junge Menschen suchen Sinn in dem, was sie tun. Im Holzbau beispielsweise ist die Zahl der Lehrlinge zuletzt leicht gestiegen, das führe ich darauf zurück, dass Holz als Baustoff boomt. Es gibt durchaus einen Imagetransfer auf junge Menschen, auf die Lehre. Ich höre oft, dass Betriebe ihre Mitarbeiter eine Baustelle von Anfang bis zum Ende betreuen lassen, damit diese erkennen, was sie geschaffen haben. Das sind bleibende Erinnerungen. Jeder Handwerker kann sich noch an das Haus oder an Bauteile erinnern, die er selbst vor Jahrzehnten geschaffen hat.
Man sagt der Baubranche nach, schwerfällig zu sein. Wo müssten die Unternehmer selbstkritischer in den Spiegel schauen?
Man muss schon sagen: Die vergangenen 15 Jahre waren enorm erfolgreich für die Baubranche. Nun gibt es ein geändertes gesamtwirtschaftliches Umfeld, neue Themen und Produkte. Die Unternehmen täten gut daran, sich besser zu vernetzen, Erfahrungen auszutauschen, neue Benchmarks zu identifizieren und diese genauer zu beleuchten. Bauen wurde enorm komplex: Ein Dachdecker wird neue Kenntnisse und eventuell zusätzliche externe Experten brauchen, um entscheiden zu können, ob ein Dach für eine PV-Anlage geeignet ist, der Haustechniker muss heute in puncto Materialien viel mehr wissen, der Bodenleger braucht neues Know-how, um Estriche bestmöglich dämmen zu können. Gewerkeübergreifende Vernetzung ist hier angesagt. Gerade im Bereich Klimaschutz braucht es ein Umdenken. Natürlich ist ökologisches Bauen ein wachsendes Geschäftsfeld. Aber hier liegt die Krux: Fragt man jemanden auf der Straße, ob er für Klimaschutz ist, wird er vermutlich mit Ja antworten. Bei der Frage, ob er bereit ist, dafür auch Geld aufzuwenden, sieht die Sache etwa bei der Auswahl an Materialien anders aus.
Wie ließe sich das Problem lösen?
Auch wenn Förderungen bezahlt werden, bleibt ein Eigenanteil. Hier wird noch einiges an Umdenken erforderlich sein müssen, auch vonseiten der Gewerbe und Handwerksbetriebe wird der erforderliche Beratungsaufwand unweigerlich steigen. •