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Pischelsdorf

Neues Leben am schrägen Platz

Pischelsdorf hat ein großes Manko, einen abschüssigen Marktplatz. Die Ortskernbelebung passierte letztlich wie ein Dominospiel: Ein Hausbesitzer nach dem anderen revitalisierte sein Haus am Hauptplatz und schuf dort Wohnraum.

Manche topografischen Gegebenheiten lassen sich nicht ändern, der sehr abschüssige Hauptplatz in Pischelsdorf beispielsweise, denkbar ungeeignet für mehr Parkplätze, die man bräuchte, wenn Menschen zum Einkaufen kommen sollen. So gesehen muss die Ortskernbelebung anders gehandhabt werden, mit noch mehr Handels- oder Gewerbebetrieben im Zentrum würde das nicht funktionieren, ist Bürgermeister Herbert Baier überzeugt. Abgesehen davon sei man dort mit drei Gasthäusern und einem guten Branchenmix ausgestattet. Pischelsdorf, durch das in den 1950er-Jahren noch die Verbindungsstraße Graz – Wien führte, ist verkehrstechnisch gut gelegen. Über die heute neben dem Zentrum führende B 54, fußläufig vom Zentrum zu erreichen, ist man mit öffentlichen Verkehrsmitteln rasch in Graz, aber auch in Wien. Die großen Lebensmitteleinzelhändler haben sich strategisch klug entlang der B 54 positioniert, damit das Zentrum zumindest mit einem davon, dem Spar-Supermarkt, verbunden ist. Dort wurde nun eine neue Kreuzung errichtet.

Zur Belebung des Zentrums wurde anfangs das Architekturbüro nonconform zu Rate gezogen. Das zentrale Ergebnis: Der Marktplatz soll das Wohnzimmer der Gemeinde werden. Bei der Belebung des Kerns führte dann auch der Zufall Regie. Nachdem mehrere Häuser am und um den Hauptplatz leer gestanden waren, entschlossen sich nach und nach Besitzer, die früheren, zweigeschoßigen Geschäftslokale in Wohnungen umzuwandeln. Der erste große Umbau fand in einem Haus hinter der Kirche statt, in dem früher ein Lebensmittelgeschäft, eine Trafik und ein Bekleidungsgeschäft untergebracht waren. In dem früheren Gasthof Strametz, einem stattlichen Anwesen mit Haupthaus, Nebengebäuden und Gewerbeflächen, entstanden 22 Wohnungen, ebenso fand das Haus, in dem die Geschäftsräume vermietet waren und die zuletzt leer standen, einen Investor, der 14 Wohnungen errichtet. In der früheren Gemischtwarenhandlung entstanden mehrere Wohnungen und die Erbinnen der Bäckerei am Hauptplatz haben ebenfalls ihr Haus umgebaut und dort Wohnraum errichtet. Das Gasthaus Günther’s Hof wurde vom Unternehmer Georg Knill gekauft, dessen Mitarbeiter des nahe gelegenen Unternehmens Rosendahl dort günstig Mittagessen können. Knill erwarb zudem ein altes Haus, das eigentlich der Abrissbirne zum Opfer gefallen wäre, um dort Wohnungen zu errichten. Pischelsdorf habe, betont Bürgermeister Baier, schon immer eine Tradition für Wohnungen gehabt. Insofern hat die Revitalisierung durch Hausbesitzer und Investoren nicht nur für Wohnraum gesorgt, sondern dem Zentrum neues Leben gebracht.

An Arbeitsplätzen fehlt es in der Region nicht, mit Rosendahl und Kulmer Bau habe man zwei große Player in der steirischen Wirtschaft. Die weitere Ansiedlung scheitert eher an der topografischen Lage, erzählt Bürgermeister Baier. Betriebe würden selten Gewerbegründe unter 5.000 Quadratmeter kaufen und die könne man in der Ebene nicht anbieten. Nachdem schon vor Jahrzehnten die „Sommerfrischler aus Wien“ ausgeblieben waren, ist auch die Einnahmequelle Tourismus versiegt, zudem es auch an Beherbergungsbetrieben fehle, betont der Bürgermeister. „Und das trotz unseres begehbaren Kirchturms, der mit 77 Metern der höchste in der Oststeiermark ist“, ergänzt der Bürgermeister schmunzelnd. Wohnraum hingegen sei immer gefragt, schon vor Fertigstellung seien die Wohnungen meist schon verkauft. Zudem verfügt die Gemeinde über die notwendigen Infrastrukturen: Krabbelstube, Volks- und Neue Mittel- und Musikschule sowie Polytechnischer Lehrgang. „Das Gefüge passt nach wie vor gut“, betont Baier.

Reihum werden die Häuser saniert, nur die Gemeinde residiert in einem bescheidenen Gebäude abseits vom Hauptplatz. Man habe aber bereits ein Gebäude angekauft, das in absehbarer Zeit umgebaut werde. Für die neue Gemeinde und die Neugestaltung des Hauptplatzes rechnet Bürgermeister Baier mit rund vier Millionen Euro. Den neuen Hauptplatz stellt er sich als Begegnungszone vor, wie es etwa in Gleinstätten schon gelebt wird. Dort bewegen sich Autos und Fußgänger nach dem Prinzip Vorsicht und Nachsicht. Denn Autos könne man nicht aussperren und die Zentrumsbewohner sollen sich auch frei bewegen können, betont der Bürgermeister. Pläne gibt es genug, doch bis der Hauptplatz zum Wohnzimmer der Pischelsdorfer und Pischelsdorferinnen werden wird, geht noch etwas Zeit übers Land. Die Kreuzung und die Sanierung der Schulen haben acht Millionen Euro verschlungen. Nun wird erst einmal gespart. •

Bürgermeister Herbert Baier